London: Serpentine Gallery Pavilion 2012
Designed by Herzog & de Meuron and Ai Weiwei
London: Serpentine Gallery Pavilion 2012
Designed by Herzog & de Meuron and Ai Weiwei
1 June - 14 October 2012
Sabine Hagmann
Ein rundes, mit Regenwasser bedecktes Dach erhebt sich nur wenig über die Rasenfläche, getragen von Säulen und Versatzstücken von Wänden. Der Himmel und die umgebenden Bäume spiegeln sich darin, rotbraun gefärbt vom Rost. Das Dach liegt dort auf Augenhöhe, betrachtbar nur von einer Stelle, an die BesucherInnen über einen Holzweg herangeführt werden. Beim Betreten des Pavillons ruft ein Junge seiner Schwester zu: "Riya, don't you think this is nice?" Das kleine Mädchen stimmt bei und rennt ihm nach. Ihre Schritte werden vom dunkelbraunen Kork gedämpft, mit dem innen alles verkleidet ist, hart und weich zugleich. Der mehrstufige Raum ist in den Boden vertieft, zugänglich über Rampen und flache Stufen. Labyrinthartig stehen Formen auf verschiedenen Ebenen im Raum. Dazwischen spriessen Hocker in der Form von riesigen Champagnerkorken wie Pilze aus dem Boden.
Jedes Jahr beauftragt die Serpentine Gallery Architekten/innen mit dem Bau eines temporären Pavillons – bezahlt wird dies über Sponsoring und den anschliessenden Verkauf der fertigen Struktur. Nach Peter Zumthor im letzten Jahr wurden auch dieses Jahr wieder Schweizer angefragt. Herzog & de Meuron haben gemeinsam mit Ai Weiwei 1.50 m in die Tiefe gegraben, bis auf das Grundwasser, in die Tiefe der Erde und der Geschichte. Dabei sind sie – einer archäologischen Grabung gleich, auf Fundamente früherer Pavillons gestossen. Auf diesen Formen basieren die Elemente, die sich auf mehreren Ebenen leicht versetzt unter dem Dach erstrecken. Überaus gelungen, dient der Pavillon vielen Zwecken: Besucher/innen suchen Schutz vor Sonne oder, häufiger wohl, vor Regen, essen Sandwiches, spielen oder halten Sitzungen ab. Die mehrschichtige Referenz an seine Vorgänger ist nicht aufdringlich, lesbar auch ohne Kenntnisse der Vorprojekte, wiewohl ungleich spannender, wenn es gelingt, die Korkelemente mit der Erinnerung an die früheren Gebäude zu verknüpfen.
Noch bis zum 14. Oktober steht der Pavillon vor der Serpentine Gallery, danach geht er in die private Sammlung des Stahlindustriellen (und reichsten Mann Grossbritanniens) Lakshmi N. Mittal und seiner Frau Usha über, der auch den Aussichtsturm von Anish Kapoor auf dem Olympiagelände in Ostlondon finanzierte.