Der Anlass
«Sehr erfreut», das andere Kunstprojekt der Künstlerinnengruppe «mit»
Was ist denn das, um alles in der Kunstwelt? Eine öffentlich an- und eingepackte Selbsthilfe der Szene? Eine Paraphrase auf Joseph Beuys' erweiterten Kunstbegriff und die soziale Plastik? Auf der Einladung, ausgestellt von «12 Künstlerinnen aus dem Raum Zürich» - Meret Wandeler, Photographin, Forschungsassistentin: «Bitte nennen Sie niemanden namentlich, wir sind eine Gruppe!» -, auf dem schlicht-schnöden Papier also heisst es, schlicht-schnöde nun gar nicht: «Der Anlass [so die Bezeichnung des Anlasses] wird an drei Abenden von «mit» [so die Bezeichnung der Künstlerinnen] inszeniert, je mit verschiedenen Aspekten des sozialen Verhaltens.» Das ist grammatisch nicht unbedingt über jeden Zweifel erhaben. Aber immerhin ein Angebot.
Meret Wandeler, beschäftigt an der soliden Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGKZ), erklärt: «Der Anlass» sei eine Reaktion auf die boomende Installation von Vernissagebars und Museumscafés, von sozialen (u. a.) Tankstellen auf jedweder Veranstaltung und Arteplage. Anlass des «Anlass» also sind die Dreh- und Angelpunkte des Kunstbetriebs, wo der gesellschaftliche Erfolg des Publikums wichtiger ist als die Durchsetzung eines Künstlers. Ein Beispiel aus aktuellem Anlass: Das Schauspielhaus will Publikumsfreundlichkeit ausstrahlen, indem man das Pfauen-Foyer neu tapeziert und alkoholisch versorgt. Das Erlebnis, wenn es denn nicht im Zuschauerraum stattgefunden hat, wird an der Theke garantiert, garantiert gesteigert um Promille bis Prozente.
«mit», die Künstlerinnengruppe, verspricht dem Publikum ein Setting, an dem das soziale Verhalten des Event-Rezipienten trainiert werden kann. Geübt wird in den Räumen des ehemaligen Museums für Konkrete und Konstruktive Kunst, in Anwesenheit von DJ Punky und einer Bar als soziale Leiter und Bühne der Selbstinszenierung. Einige Mitglieder von «mit» haben in einem Volkshochschulkurs ihre Benimmregeln aufdatiert und versprechen, als motivierende Hostessen den Lernenden beizustehen. - So viel zum ersten Teil des Anlasses unter dem einladenden Titel «sehr erfreut». Teil zwei ist möglicherweise ein erhöhter Schwierigkeitsgrad; das Abendprogramm heisst «Random access» und droht mit einer sanften Manipulation der Anwesenden. Teil drei aber verspricht zur Belohnung «100 schöne Männer». Und das ist grammatisch korrekt. Und allerdings ein Angebot.
Daniele Muscionico