Sabine Hagmann

RES PUBLICA für das Gute und Schöne

Titel
RES PUBLICA für das Gute und Schöne
Datum
2007
Material & Technik
Projekteingabe
Beschreibung

Offener Ideenwettbewerb des Amtes für Hochbauten der Stadt Zürich im Rahmen des Umbaus und der Renovation des Stadthauses Zürich

Das Projekt RES PUBLICA für das Gute und Schöne schlägt vor, alle vier Jahre in einer Auktion die einzelnen Steinquader unter den Ecktürmchen und im Innern des Stadthauses an die Meistbietenden zu versteigern. Deren Namen werden in der Folge in die Steine gemeisselt und vergoldet.

Mit dem Erlös unterstützt die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne soziale und kulturelle Projekte, die im weitgefassten Sinne das gemeinsame öffentliche Leben der Stadt „verschönern“.

ausgezeichnet von der Jury, nicht ausgeführt


Originaler Projektbeschrieb:

Geld, Gemeinwohl, Glamour: Rauschendes Fest im Stadthaus
Auch dieses Jahr lud die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne zum mittlerweile traditionellen Spendenfest ins Stadthaus ein.

Der Grundstein von RES PUBLICA für das Gute und Schöne (> Organisation) wurde vor acht Jahren gelegt in Form von sechs unterhalb den Ecktürmchen des Stadthauses in Steinquader eingemeisselten Namen der ersten Gönner, welche damals noch in bescheidenem Rahmen spendeten. Hochblickend zum linken Türmchen fällt auf, dass der mittlere Quader gegenwärtig keinen Namen trägt. Dies bedeutet nicht, dass dieser Stein an der diesjährigen Auktion nicht verkauft wurde. Hier wurde zum wiederholten Mal ein siebenstelliger Betrag durch einen explizit anonym bleiben wollenden Mäzen gespendet (> bisherige Geld- und Zeitspenden).

Seit dem Start im Jahr 2008 (> Geschichte) konnte die Stiftung so mehrere Projekte ermöglichen und unterstützen, die sich um das Gute und Schöne (> was ist gut und schön) kümmern.
Gestern Abend wurde der rekordverdächtige Erlös der Auktion (> Auktion) bis tief in die Nacht bei Bratwurst und Freibier (> Felix-und-Regula-Bier) in der Eingangshalle des Stadthauses gefeiert (> Tradition). Für musikalische Unterhaltung sorgte Double Speed, eine aus einem Integrationsprojekt für ImmigrantInnen entstandene Band hochkarätiger albanischer und chinesischer KünstlerInnen, die mit packenden Rhythmen auch die anwesenden Stadträte zum Tanzen bewegte.
Mit von der Partie waren auch dieses Jahr wieder unzählige bekannte Persönlichkeiten aus Kultur und Wirtschaft. Und vor Ort war natürlich auch unsere Hofberichterstatterin Hildegard Schwaninger, welche begeisterte Stimmen von FestbesucherInnen zusammengetragen hat (> Impressionen). Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes das Stadthaus zum Haus der Stadt und all ihrer BürgerInnen (> res publica).

Was ist gut und schön?
Die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne unterstützt soziale und kulturelle Projekte, die im weitgefassten Sinne das gemeinsame öffentliche Leben der Stadt „verschönern“.
Mit seiner besonderen Art von Fundraising bindet die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne Einzelpersonen, Firmen und andere Institutionen in Aufgaben ein, die dem Gemeinwohl der Stadt dienen. Sie vertraut auf das aktive und freiwillige Engagement der BürgerInnen am und im Gemeinwesen. Private Gemeinnützigkeit soll jedoch nicht den Ausfall staatlicher Leistungen kompensieren.
Dahinter steht die Idee, dass alle in der Stadt Zürich lebenden und tätigen Menschen aktiv am Gemeinwohl partizipieren können und sollen, sei durch das Durchführen von sozialen und kulturellen Projekten, sei es durch deren finanzielle Unterstützung oder durch Freiwilligenarbeit.
Die Stiftung ermutigt Menschen, kreative Projekte für das bessere Zusammenleben im Grossraum Zürich zu entwickeln und zu realisieren. Unterstützt werden auch Einzelpersonen aus dem Umfeld der Kultur im weitesten Sinne, welche oben genannten Kriterien genügen.
„Wir nannten das Schöne die Idee des Schönen. Dies ist so zu verstehen, daß das Schöne selber als Idee, und zwar als Idee in einer bestimmten Form, als Ideal, gefaßt werden müsse.“ Georg Wilhelm Friedrich Hegel
„Was wir "gut" nennen sollen, muß in jedes vernünftigen Menschen Urteil ein Gegenstand des Begehrungsvermögens sein, und das Böse in den Augen von jedermann ein Gegenstand des Abscheues; mithin bedarf es außer dem Sinne zu dieser Beurteilung noch der Vernunft". Immanuel Kant

Organisation
Die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne setzt sich aus dem Vorstand, einer Projektgruppe und dem Sekretariat zusammen. Die Mitglieder des Vorstandes und der Projektgruppe arbeiten ehrenamtlich. Die Kosten für das Sekretariat waren anfänglich im Projektbudget eingerechnet (> Kostenschätzung), sie werden heute durch Sponsorengelder gedeckt.
Die Projektgruppe besteht aus ExpertInnen aus den Bereichen Kultur, Soziales, Bildung und Fundraising. Sie sucht und prüft Projekte, die durch die Stiftung unterstützt werden können. Sie wirbt auch aktiv SpenderInnen an. Die Projektgruppe ist zuständig für die Begleitung und Überprüfung der ausgewählten Projekte. Sie unterbreitet dem Vorstand alle vier Jahre Vorschläge, die dieser in seiner Sitzung genehmigt. Der Vorstand setzt sich aus Personen des öffentlichen Lebens zusammen.

Auktion
Bei der alle vier Jahre in der Haupthalle des Stadthauses stattfindenden Auktion werden die einzelnen Steinquader unter den Ecktürmchen und im Innern des Stadthauses den Meistbietenden versteigert. Deren Namen werden in der Folge in die Steine gemeisselt und vergoldet. Das Recht auf den eigenen Schriftzug ist auf vier Jahre beschränkt. Danach werden die Plätze erneut versteigert. Es kann also durchaus geschehen, dass ein schon bestehender Name wieder abgeschliffen wird, wenn der/die vorherige ‚BesitzerIn’ des Quaders in der darauffolgenden Ausmarchung um das Namensrecht von einem anderen Bieter überboten wird (unfriendly Takeover). In der Regel wird aber mit einer/m schon vorhandenen NamensgeberIn im Vorfeld einer anstehenden Auktion über den Mindestpreis verhandelt, sodass dieseR reelle Chancen hat, den eigenen Namen weitere vier Jahre am Stadthaus lesen zu können. Das Ersteigern eines Steinquaders zum Zweck der eigenen Namensapplikation berechtigt aber nicht, über die Verwendung der so generierten Gelder zu bestimmen. Letzteres ist der Projektgruppe und dem Vorstand der Stiftung vorbehalten.

Freiwilligenarbeit
Mindestens ein Quader (im Innenraum) ist reserviert für Namen von Individuen oder Institutionen, welche unentgeltlich gemeinnützige Arbeit verrichten. Damit soll der Freiwilligenarbeit, diesem wichtigen Aspekt von Gemeinsinn, welcher oft als selbstverständlich angeschaut wird und im Versteckten stattfindet, eine adäquate Ehrung zuteil werden. Die Interessenten können sich bei der Stiftung bewerben und werden vom Auswahlgremium dem Stiftungsrat vorgeschlagen.

Felix-und-Regula-Bier
Für das Volksfest im Anschluss an die Auktion wird ein eigenes Bier gebraut, welches nur an diesem Anlass ausgeschenkt wird. Dieses Felix-und-Regula Bier ist nach den Stadtheiligen benannt, einem aus Theben (im heutigen Ägypten) eingewanderten Geschwisterpaar. Der Verschluss der Flaschen wird von einem Kopf geziert. Während das Regula-Bier eher süsslich ist, richtet sich der herbe Geschmack des Felix-Biers an ‚richtige Männer’. Bei Sammlern ist diese Flasche sehr beliebt, weshalb es immer wieder vorkommt, dass sie eingesteckt wird. Die Festorganisatoren überlegen sich deshalb, das Depot der Flaschen von zwei auf fünf Franken zu erhöhen.

Res Publica: Kunst und Bau
Das Projekt bricht mit den traditionellen Ansätzen einer ‚Kunst und Bau’. Nicht eine Skulptur auf einem Platz, ein Brunnen, ein Wandgemälde oder sonst eine Stadtmöblierung oder Gebäudeverschönerung sind der Inhalt des Vorschlags. Die unmittelbar am und im Stadthaus sichtbaren Spuren beschränken sich auf die Spendernamen an den Steinquadern. Sie verweisen auf eine viel weiter gefasste Interpretation der Frage, was Kunst und Öffentlichkeit miteinander zu tun haben. Es ist die Vielfältigkeit des gesamten kulturellen Handelns, welches im Mittelpunkt des Projektes steht. Das Projekt RES PUBLICA konstruiert eine eigene Öffentlichkeit, die einem fortlaufenden Wandel unterworfen ist.
RES PUBLICA gleicht der Initialzündung einer Rakete, welche in ihrem Bouquet in den nächsten Jahrzehnten eine Unzahl von verschiedensten Unternehmungen und Projekten ermöglicht.

Impressionen
Gerhard Schwarz (Ressortleiter NZZ Wirtschaft):
Viel zu verdienen, damit Gutes zu tun und durchaus darüber zu reden – das ist vielleicht keine völlig unrealistische Hoffnung. Schliesslich entspricht dies jenen amerikanischen Gepflogenheiten, die auch zur Rechtfertigung der Topsaläre bemüht werden.

Jenny Friedli Kaufmann (Professorin Hochschule für Pädagogik Zürich):
Ich begleite das Projekt für ästhetische Bildung in den städtischen Krippen und Tagesschulen. Lange wurde sträflich vernachlässigt, wie prägend frühkindliche Erfahrungen mit gestalterischen Fragen für das ganze Leben eines Menschen sind.

Hans J. Bär (Bankier):
Man sollte das Geld benützen, um sich Schönheit anzueignen oder Schönheit zu fördern. Und zwar auch zum Nutzen anderer Leute. Ich bin dagegen, dass man einen van Gogh kauft und im Tresor einschliesst. Man soll das Geld einsetzen! Horten ist das Schlimmste. Geld gehört gebraucht.

Dejan Markovic (offene Jugendarbeit Hottingen):
Ich finde es wirklich beeindruckend, wie sich die Zürcher und Zürcherinnen mit der res publica identifizieren. Die Spendenauktion ist nicht mehr aus dem öffentlichen Leben Zürichs wegzudenken.

Pipilotti Rist (Künstlerin):
Seit meiner Jugend habe ich den Wunsch, etwas zu verändern. Wir Intellektuellen wollen uns von der Selbstgefälligkeit und der Überheblichkeit distanzieren, mit der sehr viele Schweizerinnen und Schweizer ökonomische Vorteile beanspruchen, als wären sie ihr Verdienst. Wo ich geboren bin, ist ein Zufall. Ich bin dem Schicksal dankbar, dass ich in einer privilegierten Situation lebe. Aber diese Dankbarkeit verpflichtet mich, meine Privilegien nicht für mich allein in Anspruch zu nehmen.

Josef Estermann (Alt-Stadtpräsident):
Wir benötigen ein breites gesellschaftliches Engagement um die sozialen Probleme lösen zu können.

Stephan Schmidheiny (Unternehmer, Philanthrop):
Corporate social responsibility is the effort made by a company to contribute to the creation of a more secure, stable, and prosperous society, which in turn will allow said business to benefit in the long term. I believe that the business leader who defends his right to his own success, while at the same time accepting his commitment to the society to which he belongs is the entrepreneur of the future.

Rolf und Vreni Gähwiler (Sachbearbeiter, Hortnerin), mit Sohn Luca :
Wir kommen jedes Jahr, es ist einfach ein super Fest. Wir engagieren uns beide im GZ Hirzenbach und finden es toll, dass hier auch die Freiwilligenarbeit gewürdigt wird.

Ernst Sieber (Pfarrer)
Nicht nur in Indien und Afrika, auch vor unserer Haustüre gibt es Bedürftige, die unsere Solidarität benötigen. Gemeinsam können wir dazu beitragen, das Leben in dieser Stadt strahlender zu machen.

Alejandra de Mora:
Bei meiner Scheidung drohte mir die Ausweisung. Der Verein „Papiers pour tous“ half mir, Schweizerin zu werden. Ich habe dann erfahren, dass er dank der Unterstützung von RES PUBLICA gegründet wurde. Seither fühle ich mich noch mehr als Zürcherin und ich feiere am Spendenfest jeweils auch meine Einbürgerung vor sechs Jahren.

Max Küng (Autor):
Man kann Dinge tun. Und diese Spender haben Dinge getan. Sie waren ziemlich simpel und gar nicht so schmerzhaft. Seither stelle ich mir vor, wie auch ich meine Besucher vor das Stadthaus führe und ihnen meinen Namen zeige, eingemeisselt in Stein. Bald.

Regula Tobler (Familienfrau):
Ich sehe mich in einer langen Tradition zürcherischer privater Wohltätigkeit. Ich möchte etwas weitergeben, deshalb engagiert sich meine Familie seit Beginn für das Projekt „res publica“.

Tradition
Mit der erstmaligen Durchführung der Auktion und des damit verbundenen Spendenfests im Jahre 2008 wurde eine neue Tradition begründet. Feste als symbolische, zeichenhafte Handlungen können gelesen werden als Elemente einer kollektiven Sinnkonstruktion. Diese Form der Teilnahme am öffentlichen Leben, sich verantwortlich fühlen für eine städtische Gemeinschaft greift ältere Zürcher Traditionen von gegenseitiger Hilfe und Bürgersinn auf, wie sie zum Beispiel in den verschiedenen gemeinnützigen Gesellschaften ihren Ausdruck fanden.
Im Stadthaus mischen sich die verschiedenen AkteurInnen, die das Projekt RES PUBLICA für das Gute und Schöne ausmachen: TeilnehmerInnen von unterstützten Projekten, private Geldgeber, Firmensponsoren, verschiedene Personen des öffentlichen Lebens, VertreterInnen von Freiwiligenorganisationen und immer mehr viele weitere Bürgerinnen und Bürger aus allen Stadtkreisen.
Die Gestaltung des alle vier Jahre stattfindende Spendenfest trägt den fortlaufenden demographischen Veränderungen Rechnung. Es entwickelte sich immer mehr zu einem grossen, identitätsstiftenden Volksfest und ist aus dem Zürcher Leben nicht mehr wegzudenken.

Bisherige Geld- und Zeitspenden

2008:
Adele Duttweiler Fonds (26'000.-)
Herbert Huber (30'000.-)
Elmars Freunde (5'000.-)
Regula Tobler (15'000.-)
Spross Gartenbau (12'000.-)
zürich freiwillig
Anita Sikharam

2012 :
Hans Heinrich Coninx (360'000.-)
Zürcher Kantonalbank (120'000.-)
P. Meyer (45'000.-)
Anonymer Donator
Regula Tobler (15'000.-)
Legat Herbert Huber (120'000.-)
TransFair
Tischlein deck dich

2016:
Hans Heinrich Coninx (360'000.-)
UBS (400'000.-)
Viktor Vekselberg (1'200'000.-)
Zürcher Kantonalbank (120'000.-)
Anonymer Donator
Regula Tobler (15'000.-)
Europäische Freiwilligenuniversität
Dock 18 Raum für Medienkulturen

Geschichte
Hervorgegangen aus einem ‘Kunst und Bau’ Wettbewerb im Jahr 2007 entwickelte sich die Stiftung RES PUBLICA für das Gute und Schöne stetig weiter. Mit einem bescheidenen Anfangskapital aus dem Wettbewerb konnte im Frühjahr 2008 eine erste Auktion duchgeführt werden. Das Interesse der Bevölkerung war zu Beginn noch mässig, doch wurden bereits damals fünf Steinquader versteigert . Der bescheidene Erlös war aber durchaus ermutigend, sodass zwei unterdessen stadtbekannte Projekte, nämlich „Papier pour tous“ und „Ästhetische Früherziehung in Krippen und Tagesschulen„ unterstützt werden konnten. Eines dieser beiden Pionierprojekte waren bei der zweiten Auktion bereits nicht mehr auf Unterstützung angewiesen. Zu einem grossen Teil ist es diesem Erfolg zu verdanken, dass RES PUBLICA für das Gute und Schöne vereits bei der zweiten Auktion sowohl bei SpenderInnen als auch Unterstützten Kultstatus genoss. Der Erlös hat sich in diesem Jahr (2016) vervielfacht, sodass die Stiftung auf einem soliden finanziellen Fundament steht.
Was klein beginnt, kann durchaus wachsen.

Impressum
Die abgebildeten, zitierten oder erwähnten Personen stehen und Firmen zum heutigen Zeitpunkt in keinem Zusammenhang mit dem Projekt res publica. Ihre Aussagen sind entweder einem anderen Kontext entrissen oder frei erfunden.

© 2007 Sabine Hagmann/Jens Studer Zürich
Offener Ideenwettbewerb Stadthaus Zürich Res Publica

Untertitel
Projekteingabe von Sabine Hagmann und Jens Studer für den Offenen Ideenwettbewerb für das Stadthaus Zürich